Mykotoxine

Menschen und Schimmelpilze haben eine lange gemeinsame Zeit hinter sich, denn Schimmelpilze haben sich schon vor ca. 1 Milliarde Jahre entwickelt und nehmen seitdem eine zentrale Rolle im natürlichen Stoffkreislauf unseres Planeten ein.

 

Das heißt aber auch, dass unsere Vorfahren schon immer mit diesen vielseitigen, überall in unserer Umgebung anzutreffenden Mikroorganismen gelebt, sie berührt und ihre Sporen mit der Atemluft eingeatmet haben. Daher ist bei gesunden Menschen ein regelmäßiger Kontakt mit diesen nützlichen Erdenbewohnern nicht nur normal und selbstverständlich, die Medizin geht davon aus dass dieser Kontakt auch wichtig für die Ausbildung eines gesunden Immunsystems ist. Aber trotzdem kann eine übermäßige Exposition gegenüber Schimmelpilzen zu Problemen führen, und die gilt es zu vermeiden. Diese Probleme können Infektionen (z.B: Hautpilze), als Allergien (z.B. Schimmelpiz- und Hausstauballergien) aber auch als Vergiftungen auftreten. Schimmelpilze, ähnlich wie giftige "Schwammerln", produzieren nämlich unter bestimmten Bedingungen sogenannte "Mycotoxine", die für Säugetiere leberschädigend, hormonwirksam und sogar krebauslösend sein können und uns in allen Lebensbereichen von der Nahrung, im Wasser bis zur Atemluft begegnen können. Über 30.000 verschiedene von Pilzen gebildetete Substanzen sind bekannt aber nicht alle sind für uns schädlich: die berühmten Antibiotika sind auch "Mycotoxine", allerdings gegen Bakterien und nicht gegen Säugetiere gerichtet! In der Natur wollen die Pilze ihren Feind damit abschütteln, aus pharmazeutischer oder biotechnologischer Sicht kann man dies nutzen, um neue Metaboliten in Schimmelpilzen zu produzieren.

Abbildung: Stachybotrys chartarum ist ein potenter Toxinbildner in Innenräumen!

Viele pharmazeutisch eingesetzte Wirkstoffe werden von verschiedenen Schimmelarten gebildet, u.a. mit cholesterin-senkender Wirkung oder mit immunologischer Wirkung, die bei Organtransplantationen eine wichtige Rolle spielen. Die modernen Methoden der Genomforschung bei Schimmelpilzen haben mittlerweile ein riesiges Potential an weiteren Wirkstoffen geortet und Forscher, u.a. in Österreich und Deutschland sind intensiv dabei, dieses Potential weiter zu verwerten.

 

Für unseren Lebens- und Arbeitsbereich heißt es einige einfache Regeln anzuwenden, um der schlummernden Gefahr, die durch ungewollte Mycotoxin-Exposition entsteht, zu entkommen. Die Lebensmittel in den Geschäften sind generell gut überwacht, um eine Kontamination mit Mycotoxinen auszuschließen, aber trotzdem sollten wir Lebensmittel, die verschimmelt sind, generell wegwerfen und nicht nur den verschimmelten Teil wegschneiden, da sich Schimmelpilze und ihre Gifte schnell und unsichtbar im Lebensmittel ausbreiten. Und in der Raumluft (zu Hause und am Arbeitsplatz) sollten Schimmelpilze nicht zu stark vertreten sein, ist der Wert permanent stark überhöht, steigt auch das Risiko einer Myocotoxikose mit ihren gefährlichen gesundheitlichen Folgen.

 

Autor: Univ.Prof. Dr. Joseph Strauss lehrt an der Universität für Bodenkultur Wien (BOKU) und leitet den Bereich "Pilzgenetik und Genomforschung" am Department für Angewandte Genetik und Zellbiologie an der BOKU sowie am Health and Environment Department des Austrian Institute of Technology (AIT) am Campus Tulln (NÖ). Mehr als 200 Publikationen über die Forschungsarbeiten der Gruppe sind bisher national und international erschienen und berichten über neueste Erkenntnisse aus den Bereichen Molekulare Pilzanalytik, Molekulare Physiologie und Mycotoxinproduktion. Kontakt: Joseph.Strauss@boku.ac.at

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