Naturstoffe und Tradition richtig einsetzen
Die Natur ist nicht nur grün und schön, sie ist bisweilen auch unangenehm und manchmal sogar ziemlich giftig - auch wenn unsere romantisch verklärte Naturanschauung dies gerne ausblendet. Auch traditionelle Bauweisen können nicht einfach ohne Veränderung übernommen werden.
Im Regelfall ist die Anwendung von Naturmaterialien bzw. traditionellen Konstruktionen mit keinen gravierenden Raumluftproblemen oder gesundheitlichen Risiken verbunden. In ungünstigen Fällen können auch natürliche Materialien, Räucherstäbchen oder Duftlampen raumlufthygienische Probleme aufwerfen. Unglücklicherweise scheinen gerade diejenigen am meisten auf Naturstoffe zu reagieren, die auch gegenüber synthetischen Chemikalien und klassischen Allergenen empfindlich sind - MCS-Patienten, Allergiker und vorgeschädigte Personen.
Die Meinung, dass natürliche Materialien per se "gesund" seien, hat sich seit den achtziger Jahren des vorigen Jahrhunderts immer weiter ausgebreitet, sie ist jedoch falsch! Es handelt sich hier um ein klassisches Beispiel des sogenannten "Naturalistischen Fehlschlusses", der von dem Philosophen George Edward Moore 1903 in seinem Werk Principia ethica beschrieben wurde.
Die Kunst, mit Naturstoffen richtig umzugehen, ist in der heutigen Zeit leider vielen Handwerkern abhanden gekommen. Viel ist nicht immer gut: Holzoberflächen im Innenbereich müssen und sollen nicht vollflächig geölt werden! Auch Duftöle sind nicht ohne Wirkung und sollten nur sparsam eingesetzt werden.
Raumluftprobleme durch Naturstoffe und traditionelle Bauweisen bzw. Konstruktionen haben vor allem folgende Ursachen:
- Niedrige Qualität der verwendeten Produkte
- Falsche Vorstellungen, dass ein Produkt heilsam sei
- Ungeeignete Auswahl der Bauteile, Zubereitungen und Konstruktionen
- Falsche Anwendung der eingesetzten Materialien
- Zugerscheinungen durch mangelnde Luftdichtigkeit
Beispielweise können in Innenräumen produzierte oder aus der Außenluft stammende Luftbestandteile wie Ozon und andere reaktive Verbindungen wie z.B. Aldehyde in der Gasphase oder an Materialoberflächen mit Naturstoffen (z.B. Leinöl) reagieren und neue Verbindungen erzeugen. Art und Menge dieser so genannten sekundären Emissionsprodukte sind von den Vorläufersubstanzen und den klimatischen Parametern abhängig.
Zahlreiche im Innenraum gebräuchliche Produkte emittieren darüber hinaus herstellungsbedingt reaktive Verbindungen oder Sekundärprodukte. Solche Verbindungen können schon in niedrigen Konzentrationen durch ihre Geruchsintensität oder ihre irritative Wirkung das menschliche Wohlbefinden negativ beeinflussen.