Simulationsprogramm VIR-SIM 2.1

Das Programm VIR-SIM 2.1 erlaubt einen Vergleich der vorgefundenen Situation unter der Annahme der Anwesenheit von infizierten Personen mit einer statischen Referenzsituation in Bezug auf eine Aufnahme von mit Viren beladenen Aerosolpartikeln. Es wird angenommen, dass die kumulierte Menge (Dosis) von virenbeladenen Aerosolpartikeln für die Entwicklung einer Infektion als entscheidend angenommen wird und daher das Risiko mit zunehmender Aufenthaltszeit in einem Raum mit infizierten Personen ansteigt. Der in der Abschätzung berechnete, zeitabhängige Faktor R (relatives Risiko) beschreibt, in welchem Verhältnis die mögliche Aerosolaufnahme zu der Aerosolaufnahme einer Person in einem gut und ausreichend gelüfteten Innenraum (z.B. Vortragsraum/Schulraum, bezeichnet als „Referenzsituation“) steht.

 

VIR-SIM ist ein anwenderorientiertes, vereinfachtes Programm für die Gebäudepraxis, zB. für Lüftungskonzepte. Daten, die weitgehend unbekannt oder sehr variabel sind (Virusabgabe einer infizierten Person, Beladung von Partikeln mit Viren, Lebensdauer der Viren, Strömungssituation im Raum usw.), gehen nicht in die Berechnung des relativen Risikos R ein, da die zu prüfende Situation lediglich mit einer Standardsituation mit den gleichen Vorgaben verglichen wird.

Verlauf der Aufnahme infektiöser Aerosole in einem schlecht belüfteten Schulraum mit stündlicher Fensterlüftung im Vergleich zu einer Referenzsituation (Beschreibung VIR-SIM 2.1)

Die Referenzsituation beschreibt einen Innenraum mit einer Belegung von 25 Personen, 200 m³ Raumvolumen (66,7 m³ Grundfläche, 3 m Raumhöhe) und einem Zuluft­volumenstrom von 35 m³/h je Person (Luftwechsel 4,375 h-1), 24 Personen sitzend und atmend, eine Person sprechend, ohne MNS. Der Aufenthalt in diesem gut gelüfteten, mittelgroßen Raum wird als an der oberen Grenze des als „mittel“ klassifizierten Risikos definiert. Bei diesem Zuluftvolumenstrom würde sich mit unterschiedlicher Geschwindigkeit eine CO2-Konzentration von etwa 1000 ppm als Ausgleichskonzentration einstellen. Eine solche Expositionssituation kann als „akzeptabel“ bezeichnet werden, die Einschätzung obliegt allerdings medizinischen Sachverständigen je nach Durchseuchung der Bevölkerung und Vorhandensein unterschiedlicher Viren. Sie entspricht jedenfalls sowohl den Anforderungen der Arbeitsstättenverordnung an Arbeitsplätze bei mechanisch belüfteten Räumen, den Vorgaben der Klasse 2 der Richtlinie zur Bewertung der Innenraumluft als auch den Vorgaben des österreichischen Leitfadens für den Kulturbetrieb in Pandemiezeiten des Zentrums für Public Health der Medizinischen Universität Wien.

 

Ergibt die Simulationsrechnung einen Risikowert von R=1, ist für die potenzielle, kumulierte Aerosolaufnahme (akkumulierte Gesamt­menge, Dosis) die gleiche Größenordnung wie bei einer Person in der Referenzsituation bei gleicher Aufenthaltszeit anzunehmen. Bei Werten von R<0,5 ist eine wesentlich geringere Wahr­scheinlichkeit, bei Werten von R>2 ist eine wesentlich erhöhte Wahrscheinlichkeit für eine Infektion der Nutzer des Raumes über virusbeladene Aerosolpartikel gegenüber der Referenzsituation zu erwarten – immer unter der Voraussetzung der Anwesenheit von infizierten Personen im Raum.

 

Anmerkung: Zusammenfassend kann ausgesagt werden, dass bei der Berechnung des relativen Risikos eine stark vereinfachte Situation zu Grunde gelegt wird. Es wird darauf hingewiesen, dass bei der Berechnung Daten, die in der Regel nicht vollständig bekannt sind (z.B. Dichtheit der Fenster, Aktivität der Raumnutzer) oder Faktoren, die sich mit der Zeit ändern können, abgeschätzt werden, was den Ergebnissen eine nicht zu vermeidende Unschärfe verleiht. Die Abschätzung ist daher als eines der Hilfsmittel zur situativ-integrativen Beurteilung der Aufnahme von virenbeladenen Aerosolpartikel und damit des Infektionsrisikos über Aerosole in einem Innenraum zu bewerten. Die Ergebnisse sind als grobe Abschätzung zu betrachten, da zusätzlich zu den Unsicherheiten individuelle Faktoren (z.B. Intensität der individuellen Virenabgabe, Verteilungs­situation in einem realen Raum usw.) eine bedeutende Rolle spielen.

 

Weiter wird darauf hingewiesen, dass es auch bei niedrigen Werten des Faktors R nicht möglich ist, einen 100-prozentigen Schutz vor Infektionen mit SARS-CoV-2 in Innenräumen zu erreichen.

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